Böse Zungen setzen immer wieder das Gerücht in Umlauf, anhand der täglichen Journale der politischen Klasse könne man sehen, inwieweit ein Land über eine politische Zukunft verfügt. Diese Behauptung geht davon aus, dass das, was Politik konkret leistet, mit einer wahrscheinlichen Prognostik vereinbar ist. Gut, wird der kluge Leser sagen, das muss man sich einmal konkret ansehen, sonst bleibt die Aussage eine Plattitüde, auch wenn sie stimmen mag, lasst uns doch erstmal sehen, was uns die praktische Anwendung bringt.
Schlagen wir die heutigen Zeitungen auf und blättern diese willkürlich die letzten Monate etwas rückwärts, so lassen sich folgende Themen als die Haupttätigkeits- bzw. Diskursfelder der Politik ausmachen: Genkartoffel, Schweinegrippe, Genmais, Abwackprämie, Konjunkturpaket, Bankenkonsolidierung, Kreditsicherung, Verschärfung des Waffengesetzes, Internetwarnung bei Kinderpornos, volle Pendlerpauschale, Mindestlohn etc.
Die Auswahl der Begriffe folgt ihrem quantitativen Auftreten bei den Äußerungen der politischen Protagonisten, ihre Reihenfolge ist beliebig. Auffällig jedoch ist, dass es sich um Begrifflichkeiten handelt, die sich mit Ausnahme von der Frage nach Genfruchtgut allesamt auf einer Ebene bewegen, die nichts mit einer positiven Gestaltung des Neuen zu tun hat. Im Grunde genommen übernimmt der Staat Aufgaben auf der Sachbearbeiterebene und zwar in einem Ausmaß, das alles verdrängt. Es wird nicht mehr die Frage gestellt, was man für die Gesellschaft oder die Nation erreichen will, sondern wie letztere geschützt werden kann vor Phänomenen, die so keiner wollte und die großen Schaden anrichten können.
Durch die strategische Inkompetenz beflügelt erscheinen viele Dinge tatsächlich als etwas Exterristisches, um biblische Vergleiche erst gar nicht zu bemühen, obwohl selbst dies von sozialdemokratischer Feder im Falle der Heuschreckenmetapher sogar schon bewerkstelligt wurde. Die politische Klasse hierzulande ist mittlerweile sogar zu einem Garanten für die Unerklärbarkeit der Welt geworden, weil ihr selbst der Mut fehlt, für ein Weltbild und eine damit verbundene Welterklärung zu stehen. Vom Konsensgedanken teilweise bis zu Idiotie konditioniert, springt sie auf Phänomene, die durchaus von Menschenhand designt wurden und die mit einem klaren politischen Willen und einer bewusst gestaltenden Politik auch anders hätten verlaufen können. Aber wer keine Vorstellung davon hat, wie die Welt zu gestalten ist oder wem der Mut fehlt, sich zu einem Gestaltungsprinzip zu bekennen, der wird wie eine leere Plastiktüte im Winde getrieben durch die Straße der Ereignisse.
Weder werden die essenziellen Probleme benannt, noch an Lösungen gearbeitet. Stattdessen versucht man sich an Erscheinungen zu verkünsteln, und selbst das vermittelt meist einen hasenherzigen Eindruck. Das alles sieht nicht nach Zukunftsarchitektur, sondern nach Notstandsverwaltung aus und somit ist die eingangs aufgeworfene Frage auch beantwortet. Politik, die gestaltet, muss die Welt im Blickfeld haben und sich die globale Interdependenz von Wirtschaft und Politik vor Augen führen. Doch das ist nicht in Sicht, da pendelt man lieber ganz pauschal zwischen Schweinegrippe und Genkartoffel, aber rein lokal, versteht sich!
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