Es schillert wieder gewaltig in der Republik, denn Friedrich Schillers Geburtstag jährt sich zum 250. Mal. Kaum ein Theater, das auf sich hält, verzichtet auf Inszenierungen und Sonderveranstaltungen, Symposien sind auf der Tagesordnung und namhafte Autoren und Rezensenten betätigen sich in Internet und Printmedien. Wagt man einen Überblick, so lässt sich feststellen, dass das krampfhafte Bemühen dominiert, Aspekte regelrecht aufzureißen, die so noch nie thematisiert wurden, denen allerdings auch anhaftet, dass sie in ihrer verabsolutierten Wahrnehmung das Ablenken vom Wesen dieses bis heute gigantisch wirkenden Autors bewirken.
Tatsächlich wäre es auch befremdend, wenn mit Schiller der literarische Vertreter des deutschen Idealismus par excellence für seine Botschaften in dieser Dimension gewürdigt würde. Die Gesellschaft, die im Moment den Spiegel der Reflexion bemüht, ist sich ihres eigenen Wesens gar nicht mehr so sicher und geprägt von der Lust am Spiel wie der Unerklärlichkeit des Verlaufs. So wirkt es nahezu Mitleid erregend, wenn mit dem Satz „der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt“ das Motto einer ganzen Schiller Kampagne gekürt wird, ohne eine Reflexion über den tatsächlichen Spielbegriff im Sinne eines emanzipatorischen Versuchsfeldes zu betreiben. Stattdessen bekommen noch selbst die Börsenzocker ihre Folie, auf der sie die moderne Form der Verantwortungslosigkeit mit einem so genannten Klassiker untermauern können.
Brennend wirken die Theaterstücke, die ästhetischen Schriften wie das historiographische Werk Friedrich Schillers bis zum heutigen Tage, weil sie durch das Hirn des Lesers mit einer teleologisch heißblütigen Sprache dem Ziel entgegen getrieben werden, das da immer heißt Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Schiller, der selbst Opfer und Nutznießer der deutsch nationalen Rückständigkeit und seinem Dasein als Flickenteppich war, er war der Vorbote der Großen Französischen Revolution, in einem Land, in dem das Bürgertum weder das Format noch die Chuzpe besaß, mit blitzender Klinge zu rebellieren und die alte Ordnung aus dem knarrenden Scharnier zu reißen. Jeder Atemzug Schillers war der Aufstand, die Ungeduld und die Bereitschaft, sich zu verbrennen, um eine düstere Welt zu erleuchten.
Wie wohl könnten diese Qualitäten zumindest im Refugium des Theaters die Idee suggerieren, wie wir denn umgehen sollen mit den Protagonisten in einem Land, das gegen die Ideen des deutschen Idealismus nahezu komplett imprägniert zu sein scheinen? Wie halten wir es mit den Vertretern der Macht, die keine Ideen mehr haben, mit den Changeuren des Geldes, die keinen Sinn mehr vermitteln und den Schranzen der Kultur, denen die subversive Phantasie ausgegangen ist? Und wie treiben wir die Jungen dazu, das Unmögliche zu wagen und das Tabu zu brechen?
Die gute Nachricht wiederum ist, dass sich der deutsche Idealismus gespeist hat aus lethargischen, arroganten und morbiden Verhältnissen, wie wir sie für die konkrete Gegenwart beschreiben müssen. Und der beredte Kronzeuge des deutschen Idealismus war allerdings Friedrich Schiller.
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