Irgendwie wird man den Eindruck nicht los, dass es besser wäre, sich genau zu überlegen, was man sagt, als gleich vor angeschalteten Mikrophonen und laufenden Kameras Formulierungen in die gezückten Notizblöcke und summenden Laptops zu diktieren, die sich hinterher als gravierendes politisches Problem herausstellen können. Ein solcher Fall ist sicherlich die Etikettierung der Hypo Real Estate Bank als einer systemischen. Das hörte sich auf den ersten Blick ganz vernünftig an und sollte begründen, warum ein Kreditinstitut mit gewaltigen Summen aus dem Steuerfundus subventioniert werden sollte. Die Begründung war einfach wie verblüffend: Wenn man der HRE die Hilfe versage, seien in Bezug auf Volks- wie Staatswirtschaft die Schleusen offen, wenn die HRE absaufe, gehe das ganze System unter.
Obwohl ebenso schnell die Argumentation kritisiert wurde wie sie hervorgebracht worden war, galt das Attribut des Systemischen fortan als offizielle Begründung für eine Subvention von nahezu 10 Milliarden Euro. Kluge Köpfe haben bereits hochgerechnet, was man alles hätte finanzieren können, zum Beispiel im Bereich der Bildung, wenn man dieses systemische Haus nicht hätte stützen müssen. Zu Recht! Aber bevor alles untergeht, so könnte der brave Bürger dennoch sagen, müsse man in den sauren Boskop nun einmal beißen.
Nun, nach HRE, die ihrerseits jede Menge faule Papiere aus Griechenland in ihren Schränken hatte, platzt die nächste Spekulationsblase in Irland, und, neben dem finanziellen Desaster, eine Katastrophe par excellence für diese Nation, die wie in den letzten zweihundert Jahren wieder Generationen von jungen Menschen durch Emigration verlieren wird. Da zeigt sich doppelt, wie verloren und verkommen die Spekulationswirtschaft wirkt und welches schäbige, verantwortungslose Gesicht sich dahinter verbirgt. Und wie selbstverständlich taucht in der Berichterstattung über diese abermalige Misere wiederum der Name Hypo real Estate auf, eine staatlich subventionierte wie staatliche kontrollierte Bank der Bundesrepublik Deutschland, die allein auf der Grünen Insel wiederum mit 4 Milliarden Euro in die Black Box gefasst hat und ihrerseits nun darum bittet, erneut subventioniert zu werden.
Wird die Argumentation der systemischen Bank nun beibehalten, ist es zwingend, sich über den Begriff des Systemischen noch einmal genauer auseinanderzusetzen. Sollte nämlich die Art und Weise des unverantwortlichen, unwirtschaftlichen, ruinösen und nur noch mit dem Hasard beschreibbaren finanziellen Handeln eine Etikettierung des Systems Bundesrepublik sein, so kann das nur bedeuten, dass dieses System schleunigst beseitigt werden muss.
Aus dem Selbstverständnis dieser Republik kann es nicht das Normale sein, hoch spekulativ und riskant die Investitionsmöglichkeiten für Bildung, Infrastruktur und soziale Netze aufs Spiel zu setzen. Insofern steht die Bundesregierung bei dem erneuten Fall Hypo Real Estate vor einem Problem: Entweder sie distanziert sich von den Protagonisten des Hauses, die allerdings durch sie selbst eingesetzt wurden, und lässt sie öffentlich köpfen, oder sie setzt sich selbst der Kritik aus, das zu sein, was man den Sonnenbankern im Volksmund bereits nachsagt.