Der Zusammenprall der Kulturen, wie ihn Samuel Huntington in seinem Buch beschrieben hat, findet in einer anderen Dimension und anhand unterschiedlicher Phänomene sehr heftig innerhalb unserer Gesellschaft statt. Nur geht es dort nicht um die Art der Zivilisation oder die Verwurzelung in einer bestimmten Religion oder Philosophie, sondern um das Denken innerhalb eines modernen Musters. Die Zäsur geht durch alle Organisationen und bezieht sich auf die Sichtweise der Individuen auf sich selbst und ihre Rolle innerhalb der sozialen Systeme.
Die eine Fraktion wird getrieben von einem personalen Weltbild. Sie sieht sich als Person als Zentrum des Handelns und den eigenen Status innerhalb der Organisation als Gradmesser für den Erfolg. Personal motivierte und getriebene Individuen gehen davon aus, dass Status, Ansehen und Ressourcen Ausdruck ihrer Stellung sind und erwarten eine Belohnung für ihren geleisteten Beitrag.
Dem stehen die funktional getriebenen Individuen entgegen, die ihrerseits daran denken, welche Erfordernisse die Organisation oder soziale Formation hat, in der sie jeweils agieren. Sie orientieren sich an den funktional erforderlichen Schritten und akzeptieren das strikte Containment notwendiger Maßnahmen, ungeachtet derjenigen, die dazu beitragen. Funktional orientierte Individuen erwarten eine Entlohnung für ihre Leistungen und enthalten sich in der Regel den zu Status beitragenden Ritualen.
Diejenigen, die die Modernität einer Organisation anstreben, im Sinne einer bestimmten rationalen Teleologie und die davon ausgehen, dass Kreativität und Leistungserbringung mehr befriedigen können als optische oder konsumtive Referenzen der Macht, treffen bei ihren Bemühungen, eine Organisation auf diesen Kurs auszurichten auf den erbitterten Widerstand der personal funktionierenden Eliten und ihres stehenden Heeres.
Nichts könnte profaner klingen als die Friktionsfelder mit den Personalen: Wer darf auf welchem Parkplatz parken oder essen? Wie viele Köpfe gehören der eigenen Organisationseinheit an, wie hoch ist das eigene Budget und welche Vereinsmitgliedschaften öffnen sich mit welcher Stellung? Selbst so genannte Global Player unter den Unternehmen verwenden mehr Zeit in der verfahrensmäßigen Absicherung derartiger Zugänge als für die Entwicklung einer neuen Strategie.
Und nichts ist komplexer und deshalb vielleicht auch abschreckender wie das Interesse der Funktionseliten, wie z.B. eine logische Konsistenz in eine Argumentationskette gebracht werden kann, wie Zielkonflikte innerhalb der Organisation anhand praktischer Übungen aufgelöst werden können oder wie der Karriereverlauf bewusst so gestaltet werden kann, dass der Wechsel zwischen erstreihiger Repräsentanz und verborgener Expertise am geschicktesten arrangiert werden kann.
Der Streit der Systeme ist allgegenwärtig und er verursacht immense Vernichtung von Energie und Ressourcen. Das Eigenartige dabei ist, dass er kaum thematisiert wird, obwohl er täglich sehr teuer zu stehen kommt und die Entscheidungen darüber, welche Denkart in einer Organisation die Überhand gewinnt, sehr wohl determiniert, welche Zukunftsprognose erlaubt ist.
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