Die unbeschreiblichen Klänge, die Virtuosität, die Verve, das tief in einer unsterblichen Tradition Verhaftete, die Passion und die Offenheit gegenüber allem, was inspiriert, wird bleiben. Paco de Lucia, der Titan des Flamenco, hat sich als Gast von dieser Erde für immer verabschiedet. Mit seinem Namen verbindet sich nicht nur der Flamenco, wie er in das 21. Jahrhundert herüber gerettet wurde, sondern auch das Bild eines Künstlers, das eigentlich schon lange nicht mehr existiert: Die Einheit der handelnden Person mit dem Genre. Paco de Lucia wurde 1947 im andalusischen Ageciras geboren und stammte aus einer Musikerfamilie. Er erlernte das Gitarrenspiel früh und so, wie es in den großen Schulen des Flamencos üblich war. Bevor man ihn lehrte, wie er seinem Gefühl eine Form in den bestehenden Flamenco-Skalen geben konnte, musste er sich selbst ein Instrument bauen. Heute nennt man so etwas einen holistischen Ansatz. Letzterer war geboren aus dem tief verwurzelten Wissen, dass wahre Meisterschaft nur entstehen kann, wenn die handwerkliche Fertigkeit mit der Kenntnis um die bestimmenden Teile korrespondiert.
Das Leben Paco de Lucias als Künstlers ist schnell erzählt. Er wuchs mit der Gitarre auf und blieb ihr treu. Er lebte in dem heilsamen Wahn eines übenden Meisters, dem alles andere um ihn herum gleichgültig blieb. Viele große Namen aus Klassik und Jazz holten ihn zu sich, wenn sie Korridore öffnen und dem Publikum zeigen wollten, dass es etwas gibt, das sich durch technische Virtuosität alleine nicht kaufen lassen konnte. Die uneingeschränkte Passion, das Einssein mit Idee und Form. Die Größe Paco de Lucias bestand in seiner Demut. Er wusste um die Fehlbarkeit, egal auf welchem Niveau. Und er wusste um den Schlüssel zum Geheimnis des künstlerischen Schaffens, der brennenden Neugier gegenüber allem Neuen, ohne die kollektive Erfahrung des Genres dafür preiszugeben.
Die beschriebene Qualität sorgte dafür, dass es schwer ist, Werke dieses Künstlers zu nennen, um seine Großartigkeit zu dokumentieren. Alles, was er jemals aufgenommen hat, ist eine aufregende Reise in die Welt des Flamencos und der Weltmusik. Und dennoch seien drei Stücke genannt, die nach seinem so unerwarteten Tod dazu geeignet sind, ihn noch einmal ins Gedächtnis zu rufen. Das wäre Almoraima, eine Hommage an das Temperament des Flamencos, da wäre Entre dos Aguas, eine Referenz an seine Herkunft, der Straße von Gibraltar, eine Sinfonie hinsichtlich musikalischer Übergänge. Und da wäre der spanische Klassiker Aranjuez, der in seiner Interpretation vergegenwärtigt, wie sehr die ästhetischen Formen der Hochzivilisation mit der Impulsivität der Straße verbunden sind.
Die Demut Paco de Lucias äußerte sich in ganz einfachen Dingen. Immer zog er es vor, jenseits des großen Rummels und der medialen Publicity die Zeit für seine Übung zu nutzen. Er selbst nannte die ständige Vervollkommnung seines Spiels einen Zustand der Meditation. Oft zog er sich in Spaniens Wüsten zurück, um mit seiner Gitarre allein zu sein. Einmal gefragt, was seine Lieblingsspeisen und Getränke seien, antwortete er in seiner ihm eigenen Art. Alles, was man mit dem Löffel essen könne, d.h. Eintöpfe und Suppen. Und natürlich Tinto, vorzugsweise einen kräftigen vom Lande. Mehr brauchte er nicht, um die Welt zu beschenken. Mit Paco de Lucia starb am Strand des mexikanischen Cancun, beim Spiel mit seinen Enkelkindern ein Mann, der das Leben vieler bereichert hat und dem Volk erhalten blieb.
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