Die gute Fee

Ein erwachsener, weinender Mann, ruft „Ich will zu meiner Mutter“, und dann hält er ein Bild von Angela Merkel hoch und schluchzt laut auf. Es handelt sich um einen Syrer, der der Hölle im eigenen Land entkommen ist, der dort Teile seiner Familie verloren hat und nun eine Odyssee durch verschiedene europäische Länder hinter sich hat. Die Bilder, die sich über die Smartphones in Windeseile verbreiten, sind für viele Menschen, die sein Schicksal teilen, schlicht unglaublich. Ein syrisches Kind auf dem Münchner Hauptbahnhof, das mit der Mütze eines Polizisten herumläuft, und dieser lacht beschwichtigend, als ein entsetzter Vater entschuldigend eingreifen will. Deutschland entpuppt sich momentan als das Land der Erlösung und seine Kanzlerin als die gute Fee.

Die Ursachen für diese Wirkung sind relativ einfach zu erklären. Während die europäischen Staaten unabhängig von der Dringlichkeit, sofort zu reagieren, einen Prinzipienstreit führen über Ursache, Wirkung und vor allem die daraus resultierende Verpflichtung, Flüchtlinge aufzunehmen, sind es lediglich Österreich, die Bundesrepublik und Schweden, die sich in größerem Ausmaß in der Verantwortung sehen. Die britischen Verteidigungsarbeiten am Tunnel von Calais werfen hingegen genau das Licht auf Großbritannien, in dem es bereits seit langer Zeit scheint, nämlich wenig sympathisch für das gemeine Volk schlechthin und nahezu willenlos gegenüber der spekulativen Finanz. Die osteuropäischen Staaten, allen voran Ungarn und dicht gefolgt von Polen, dokumentieren hingegen sehr anschaulich, dass die ökonomische Mitgliedschaft in dem ramponierten Gebilde Europa die politische Reife längst nicht kompensiert, es sei denn, aus geostrategischer Sicht passen die Akteure wieder in das Puzzle.

Und so sind die armen Seelen, die momentan ausgelaugt und traumatisiert die Grenzen Deutschlands erreichen, in einem Zustand der Dankbarkeit und Freude, die ihnen zusteht und die verstärkt wird durch die Initiative der Bevölkerung, die, und das müssen manche erst noch verkraften, zu den heutigen Syrern freundlicher sind als es ihre Vorgänger nach dem großen Krieg gegenüber Ostpreußen, Sudeten oder Schlesiern waren, so genannten Volksdeutschen, obwohl sie vorm bösen Russen flohen. Die Freude erklärt vieles nicht und verdeckt den kritischen Blick vor einem Europa bzw. einer EU, denn, das sei noch einmal bemerkt, EU und Europa sind lange nicht identisch. Die EU und ihr zeitweiliges Junktim mit der NATO hat zu den wirtschaftlichen Ungleichheiten im Bündnis, von denen vor allem die deutschen Konzerne in den letzten Jahrzehnten vornehmlich profitiert haben, zudem eine politische Konstellation geschaffen, die an Abenteuerlichkeit nicht zu überbieten ist.

Genau diejenigen, auch im offiziellen Brüssel, die vor allem dem gegenwärtigen ungarischen Präsidenten Viktor Orban Giftpfeile entgegen schleudern, sollten sich ins Gedächtnis rufen, dass sie es waren, die Staaten in die EU geholt haben, in denen immer noch oder schon wieder ein Geist der Menschenverachtung, des Antisemitismus, des Rassismus und der Reconquista herrscht, der dazu führt, dass die eigenen Bürgerinnen und Bürger bald auf der Flucht sind. Der ungarische Zaun ist nicht nur gegen Flüchtlinge aus anderen Ländern, sondern auch als Zaun vor Ausbruch der eigenen Bevölkerung gedacht.

Der Ukas der Kanzlerin zur Verfügung der Aufnahme syrischer Flüchtlinge ist kalkulatorisch, das eigene Image betreffend, ein großer Coup. Er lenkt ab von dem desolaten Zustand der EU und der Mitverantwortung Deutschlands am jetzigen Zustand der EU. Martin Schulz, der Heckenphilosoph vom Niederrhein, versucht nun, aus dem Elend eine Tugend zu machen. An Ungarn, so der hemmungslose Mann, sähe man, wohin es führe, wenn man die EU entmachten und den Nationalstaaten wieder mehr Souveränität gäbe. Wir sollten das Lachen nicht verlernen!

5 Gedanken zu „Die gute Fee

  1. almathun

    Auf die Frage eines Moderators an Martin Schulz, ob man nicht die innereuropäischen Grenzen wieder hochziehen müsse, um die Europäer durch Entzug an die eigentlichen Werte der EU zu erinnern, hat dieser nur ganz knapp und eilfertig mit „Das wollen wir nicht“ geantwortet bevor er dann minutenlang die Renitenz der Ungarn verurteilte. Also, warum nicht die innereuropäischen Grenzen wieder hochziehen, um die Wirtschaftsvertreter an die Werte der Solidarität und Verantwortung zu erinnern?

  2. westendstorie

    Und parallel werden Verträge von den EU Staateb unterschrieben, sinkenden Schiffe keine Hilfe mehr zu leisten. Es ist abstrus was derzeit passiert. Für einen Bestseller eine Wahnsinnsstory….:(

  3. alphachamber

    Ich finde es bedauernswert, dass Regierung, Medien und ein selbstgerechter Aktivismus die Vernunft aus dieser Diskussion verbannt. Diese Regierung hat sich fürs Reinwinken entschieden – also wird jedes Zögern und Hinterfragen zum Rassismus. Auch z.B. Australier wehren sich gegen massive illegale Einwanderung – aber sie haben den Vorteil nicht als Faschisten zu gelten.

    Zur Zeit der „Killing Fields“ flohen die Khmer zu 100 Tausenden über die thailändische Grenze. Massen der sog. „Boatpeople“ des Vietnam-Kriegs landeten im nahen Hong Kong. Aus der Sicherheit ihrer Gastländer stellten viele der Flüchtlinge geordnete Anträge auf Einwanderung – auch nach Deutschland. In ihren Booten oder Karawanen befanden sich keine Burmesen, Laoten, Bangladeshi oder sonstige – nur Khmer und Vietnamesen. Es gab kein organisiertes Schleppen nach Europa. Vielleicht lohnt es sich, Ursachen und Umstände genau zu hinterfragen. Im Moment scheinen die Flüchtlinge besser organisiert als die Regierungen der EU.

    1. s.freud

      100 tausenden schreibt man klein……alphachammmmm,…..Warum trägst Du eine schwarze Sonnenbrille ? Gerd

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