SPD: Betriebsrat oder politische Partei?

Auf dem Parteitag der SPD fiel es wieder, das Wort, vom Betriebsrat der Republik. So, wie es aussieht, versteht sich die neue Parteiführung in dieser Rolle. Als Kämpfer für vernünftige Löhne, zumindest dort, wo es keine Tarifverträge gibt, als Anwalt der Rentnerinnen und Rentner, als Mahner der Gleichberechtigung etc.. So löblich die Vorsätze sind, so bitter dokumentieren sie den Zustand, in dem sich die Organe der abhängig Beschäftigten nach Jahrzehnten des Wirtschaftsliberalismus befinden. Die Vorstellung, als sozialdemokratische Partei in einer Regierung die Rolle des Betriebsrats einnehmen zu können, schreibt, so fürchterlich dass klingen mag, der Partei die Rolle als Charity-Veranstalter zu. Das wird sie nicht retten. Und das wird denen nicht reichen, um die es geht. 

Obwohl dort nicht alles aus dem besungenen Edelmetall ist, was glänzt, so dokumentieren die gegenwärtigen Kämpfe in Frankreich um die Rentensicherung, dass dort noch etwas existiert, was hier bereits kaum noch eine Rolle spielt: die Gewerkschaften. Östlich des Rheins einst die mächtigsten Organisationen des Planeten, haben sie durch die Entscheidung, sich nicht für die zu interessieren, die aus dem Arbeitsprozess geschleudert werden und zur Aufgabe harter Arbeitskämpfe zu Klientel-Organisationen verkleinert, de politisch nicht mehr die Rolle spielen, die sie spielen sollten. Sie stehen machtlos da, wenn nahezu die Hälfte aller Arbeitsverhältnisse außerhalb der geltenden Tarife entlohnt werden. Dass, wenn es zu bunt getrieben wird, eine Regierungspartei einschreiten muss, verdeutlicht, was schief gelaufen ist.

Sowohl in der Partei als auch in den Gewerkschaften setzte man darauf, für die Mitglieder und Klientel etwas erreichen zu wollen, ohne den Zielgruppen klarzumachen, dass, ja bleiben wir einmal bei dem Inflationsbegriff, dass nachhaltig nur etwas durch den eigenen, aktiven Kampf verändert werden kann. Wer Kampforganisationen, die sie sein müssen, denn der Kapitalismus ist kein Senioren-Tee, führt wie einen Sparverein, darf sich nicht wundern, wenn die Mitglieder sich irgendwann auch so benehmen und das Wesen ihrer selbst nicht mehr erkennen. Das Ergebnis ist die schleichende Entmündigung.

Wer sich als Betriebsrat versteht und darin nur die Funktion der sozialen und wirtschaftlichen Absicherung sieht, ist nicht mehr politische Partei. Das klingt hart, ist aber so. Denn der Anspruch an eine politische Partei muss politisch und nicht nur ökonomisch und sozial sein. Eine Partei muss alle Facetten des gesellschaftlichen Lebens im Auge haben und Programme entwickeln, die die einzelnen Aspekte zusammenführen zu einer Vision des Zusammenlebens in der Zukunft. Dazu gehört auch der Entwurf, wie sich die Gesellschaft im internationalen Kontext bewegen will.

Es ist kein Wunder, dass das glühend heiße Eisen der Außenpolitik auf dem Parteitag der SPD keine Rolle spielte. Wie sich das „Partei-Establishment“ dazu verhält, d.h. hinterher stolpernd den diffusen Kurs von US-Anschmiegung bei gleichzeitigen Euro-Großmannssprüchen, ist bekannt. Wie es die neue Parteispitze sieht, ist noch zu dechiffrieren. Mit dieser Abstinenz an Position steht die SPD jedoch nicht alleine. Auch die Fridays-for-Futuere-Bewegung hat sich bis heute noch nicht dazu durchringen können, die globalen Kriege und ihre Verursacher als Öko-Terroristen Nummer Eins zu benennen. Eine machtvolle politische Bewegung, die dem Treiben ein Ende setzt, wird nur dann entstehen, wenn die wirtschaftlichen und ökologischen Aspekte mit der Friedensfrage kombiniert werden.

Die Reaktionen staatlich wie privatwirtschaftlich betriebener Berichterstattung über die Vorkommnisse in der SPD haben einen Vorgeschmack davon geliefert, was passiert, wenn die herrschenden Verhältnisse in Frage gestellt werden. Die hemmungslose Hetze, die zu vernehmen war, hat gleich einem großen Laubbläser alle Feigenblätter entfernt. Das mag einschüchtern, ändert aber nichts an der Notwendigkeit, die Aufgabe anzunehmen.

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