Der zornige Iwan und die pikierte Gouvernante

Es gilt im Allgemeinen als untrügliches Alarmzeichen, wenn einem die Tragweite des eigenen Handelns nicht mehr bewusst ist. Ein solcher Umstand ist der Eintritt in die soziale Disruption. Die Person macht etwas, ohne zu reflektieren, was es mit anderen Personen macht, die von dem eigenen Handeln betroffen sind und sie ist sogar erstaunt, wenn Reaktionen kommen. Was im zivilen, persönlichen Bereich oft mit einer Irritation und nicht selten mit einer Tragödie oder einer professionellen Therapie und etwas Hoffnung endet, ist in der Politik die beste Voraussetzung für eine Katastrophe. 

Ein Akteur, der den beschriebenen Anschein erweckt, ist sicherlich der derzeitige amerikanische Präsident Donald Trump. Ihn jedoch in der Wahrnehmung als einen armen Tropf zu verbuchen, wäre ein gefährlicher Irrtum. Bei ihm, den die Medien gerne als einen erratischen Wirrkopf ohne Tischsitten darstellen, handelt es sich um bewusstes Kalkül. Was sich die meisten Menschen, die in einer zivilen Atmosphäre sozialisiert wurden, nicht vorstellen können oder wollen, ist bei ihm der Fall. Er spielt bewusst mit der Beschämung, der Brüskierung, der Provokation anderer und sieht sich an, was dann passiert. Trump ist kein pathologischer Fall im Sinne einer sozialen Störung, er ist ein Paradebeispiel für ein Individuum ohne sozialen Kodex. Vornehm ausgedrückt, könnte man ihn als eine Blaupause des Utilitarismus bezeichnen. Aber das nur für diejenigen, die selbst in der Verrohung noch einen ästhetischen Anspruch pflegen wollen.

Ob nun, um zu einem anderen Fall zu kommen, eine Bundesverteidigungsministerin, die vor allem in diesem Amt selbst mit der Chiffre AKK kokettiert, die mildernden Umstände einer pathologisch dissoziierten Person in Anspruch nehmen kann und ob ihr eine Therapie hülfe, sei dahingestellt. Dass sie sich jedoch so verhält, als hätte sie nicht den leisesten Schimmer, wie das von ihr politisch zu verantwortende Verhalten auf andere Beteiligte auswirkte, ist ausgemacht.

Im Rahmen einer „Rettungsaktion“ deutscher Staatsbürger aus dem chinesischen Wuhan, das als Zentrum der Corona-Infektion gilt, wurde ein Flugzeug der Luftwaffe eingesetzt. Selbstverständlich hatten die chinesischen Behörden zugestimmt und alles verlief reibungslos, bis auf den Rückflug, bei dem Russland einen Zwischenstopp auf dem eigenenTerritorium untersagte und folglich eine andere Route genommen werden musste. Frau AKK drückte in ihrem Pressestatement ihre Irritation über das russische Verhalten aus und formulierte in der Strenge einer pikierten Gouvernante, dass sie darüber nicht amüsiert und der Vorfall an anderer Stelle noch zu betrachten sei.

Nun muss konzediert werden, dass das russische Verhalten unter normalen Umständen durchaus Grundlage einer Irritation sein könnte. Was spricht dagegen, bei alle Menschen und Staaten betreffenden Gefahren international nicht zu kooperieren? Die Antwort ist einfach: der nicht oder schlecht informierte Bürger attestierte in einem solchen Fall dem russischen Part zumindest das Attribut eines Gemeinwesens ohne Herz und ohne Berechenbarkeit. 

Wer allerdings informiert ist, weiß, dass sich derzeit in einem seit dem Kalten krieg nie gekannten Ausmaß NATO-Truppen versammeln, um in einem Mammut-Manöver dem Iwan direkt an dessen Grenze das Fürchten zu lehren. Zu dem Aufgebot gehören auch alle deutschen Waffengattungen inklusive der Luftwaffe. Dass der seinerseits irritierte Iwan da mächtig angeraunzt ist und er sich nicht in Kooperationslaune befindet, wundert da in keiner Weise.

Bliebe nur noch die Frage, ob die offiziell dafür verantwortliche Ministerin eine eher bemitleidenswerte Person ist, die die Tragweite ihre eigenen Handelns nicht mehr überblickt und der empfohlen werden sollte, sich professionelle Hilfe zu holen, oder ob sie vom Naturell her mit dem großen Cowboy jenseits des Atlantiks verglichen werden kann, en miniature, versteht sich? Man kann es drehen und wenden, wie man will. Beides wäre und ist eine ausgewachsene Katastrophe.  

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