G 20: Avancen im Sarong

Eines der Bilder, die bereits um die Welt geschickt werden, zeigt Vertreter des Westens auf dem G20-Gipfel in Bali, gekleidet im Sarong. Der Sarong ist dort vergleichbar mit dem hiesigen Smoking. Dass die Bidens, Trudeaus und das Maskottchen Schwab so amüsiert wirken, deutet bereits darauf hin, dass sie das edle Gewebe mit einer Bauerntracht verwechseln. Aber was macht man nicht alles, um gute Stimmung zu erzeugen! Da kleidet man sich doch mal wie die Primitiven. Hauptsache, sie sind für die wesentlichen Positionen der westlichen Allianz zu gewinnen. Dass dieses Unterfangen bis jetzt trotz zahlreicher Versuche nicht gelungen ist, ist ein großes Ärgernis.  Aber, neben dem Bild mit den Sarongs, wird in den Qualitätsmedien bereits schwer spekuliert und auf eine Front gegen Russland und eine Isolation Chinas gehofft. 

Es gehört zu den Usancen westlicher Vertreter, dass sie in Asien anreisen und glauben, sich auf einen Kontinent der Geschichtsvergessenheit zuzubewegen. Folglich, so meinen sie, können sie aus tagespolitischen Erwägungen absondern, was sie momentan für richtig halten. Dazu gehört die Lobpreisung der ehemaligen britischen Verhältnisse in Hongkong, die Anmaßung in Sachen Taiwan, das Verschweigen der Massaker in Indonesien und das jahrelange Bombardement Vietnams, um nur einiges zu nennen. Zu letzterem gab der deutsche Bundeskanzler gerade auf seinem Vietnam-Besuch eine unglaubliche Kostprobe. Dass die betreffenden asiatischen Länder die Wunden von Kolonialismus und Imperialismus nicht verdrängt haben, kann jeder interessierte Besucher nach wenigen Stunden des Aufenthaltes herausfinden. Dass diese Erkenntnis die Ohren derer nicht erreicht, die sich auf einem gerechten Kreuzzug wähnen, wird täglich erneut deutlich.

Der indonesische Staatspräsident Joko Widodo, seinerseits Gastgeber des G20-Gipfels, warnte in seiner Einlassungsrede vor einer Spaltung der Welt. Vor ihm saßen nicht nur die Spalter, deren Ziel es ist, die Einheit unter ihrem Interessenschild herzustellen, sondern gewichtige Staaten, die ressourcen- wie bevölkerungsreich sind, die durchaus das Zeug mitbringen, eine Idee zu revitalisieren, die bereits in Indonesien ihren Anfang nahm. Dieser Umstand wird zumindest nicht in der Öffentlichkeit thematisiert. Auf der Konferenz von Bandung fand 1955 die erste asiatisch-afrikanische Zusammenkunft statt, die als Grundstein für die spätere Bewegung der Blockfreien gesehen werden muss. In ihr versammelten sich die Länder, die sich weder im Lager der Sowjetunion noch dem der USA sahen und die sich durch verstärkte Kooperation gegenseitig stützen wollten. Das Interessante an dieser Bewegung und ihrem Scheitern sind die vielen Interventionen, von Seiten der USA und zunehmend den Staaten, die sich heute in der NATO versammelt haben. Sie reichen von politischen Morden, inszenierten Staatsstreichen, der Finanzierung von Terroristen wie eigenen militärischen Handlungen, um die Bewegung der Blockfreien, die sie fürchteten wie den Teufel, zu vernichten. Der wohl letzte Akt war die Zerschlagung Jugoslawiens. Klingelt da etwa eine Glocke?

Dass Widodo, seinerseits Javaner und damit einer Kultur zugehörig, die die hohe Kunst des Tiefsinns und der Diplomatie exzellent beherrscht, erneut von einer notwendigen Einheit spricht,  hat nichts mit dem aus dem Westen geforderten Lagerdenken zu tun. Die dort gemeinte Einheit basiert auf Autonomie, Souveränität und freiwilligem Zusammenschluss. Wer da glaubt, als Redenschreiber für einen Widodo oder Lula auftauchen und Erfolg verbuchen zu können, hat, um es vornehm auszudrücken, ein schlichtes Gemüt. Da helfen Avancen im Sarong nicht. Aus den ehemaligen Kolonien sind selbstbewusste Nationen geworden, die wissen, was sie wollen. 

Und – ein Appell der immer gilt: Lassen Sie sich keine Märchen erzählen! Schauen Sie genau hin!    

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