Die eigene Angleichung an das Feindbild

Der Brite, dem die Integration in das British Empire mit seinen kolonialen Schandtaten am perfektesten gelungen ist, seinerseits Mitglied des lokalen Finanzadels, hat es in die Downing Street geschafft. Neben den zahlreichen unglücklichen, unfähigen wie dubiosen Torys sitzt da nun ein Upcomer, der das alte Ethos hochhält. Rishi Sunak setzt auf Tradition. Die Inflation will er durch Lohn Dumping bekämpfen. Gibt es Protest dagegen, wird das Streikrecht beschnitten. Und gilt es, die Waffengeschäfte in Gang zu halten, dann wird geliefert. Insofern setzt er das Geschäft von Boris Johnson fort, dem es gelungen ist, bereits im April 2022 einen Waffenstillstand zwischen der Ukraine und Russland zu verhindern. Der ehemalige israelische Premier Bennett hat darüber jüngst berichtet. Sunak verspricht jetzt sogar Jets, und die die deutsche Bundesregierung schweigt. Übrigens eine Tugend, die sie bei heiklen Nachrichten am besten beherrscht. 

Während in den USA mittlerweile offen diskutiert wird, dass die Nordstream Pipeline auf Geheiß des amerikanischen Präsidenten gesprengt wurde, herrscht hier immer noch betretenes Schweigen. Die einstige demokratische Mit-Kandidatin um das Präsidentenamt, Tulsi Gabbard, kritisierte die Regierung bereits öffentlich dafür und bezeichnete den Akt als eine Demontage der Beziehungen zu Ländern aus dem Bündnis. Und der amerikanische Journalist Seymour Hersh, bekannt als einer der wirklich Großen im Investigativ-Geschäft, veröffentlichte einen Artikel unter der Überschrift „How America took out the North Stream Pipeline“, in dem er detailliert nachwies, welche Kommandoeinheit wie bei der Aktion vorgegangen ist. Was viele bereits vermutet hatten, verdichtet sich zunehmend zum Faktum, ohne dass die hiesige Regierung es für nötig hielte, die Bevölkerung in Bezug auf diesen feindlichen Akt zu informieren.

Stattdessen kreischt die Außenministerin im Europarat wie ein besoffenes Huhn in die Mikros, dass wir uns im Krieg mit Russland befinden. Auch dazu schweigt die Regierung. Bezeichnend hingegen war die Demonstration des Zustandes der hiesigen Presse im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, wo renommierte Vertreter von WELT und SPIEGEL nicht die Äußerung der Außenministerin kritisierten, sondern den Umgang Russlands mit dieser Aussage. Dass der Satz Wasser auf die Mühlen der russischen Propaganda sei. Ehrlich gesagt, wenn die Außenministerin eines anderen Landes erklärt, man befinde sich im Krieg mit dem eigenen Land, dann ist es sogar verantwortlich, eine solche Aussage ernst zu nehmen. Die Interpretation, es handele sich dabei um billige Propaganda, taugt eher für die Schilderung eines totalitären Regimes als zur Beschreibung eines Journalismus, der den Namen verdient.

Bleibt noch zu berichten, was für ein Debakel sich um die türkisch-syrische Erdbebenkatastrophe entfaltet hat. Dass sich der Bündnispartner Erdogan nicht hat davon abbringen lassen, nach dem Beben ebenfalls betroffenes Gebiet in Syrien zu bombardieren, hat gezeigt, zu welchem Zynismus die eigene Hemisphäre in der Lage ist. Unzivilisiert, menschenverachtend, totalitär.

Welches Beispiel man auch nimmt, die Sabotage von Nord Stream, das Kriegsgejohle der Außenministerin oder die Bombardierung von Erdbebenopfern: Diese Regierung durchläuft mit der Bevölkerung einen Schnellkurs über die Möglichkeit, wie schnell man sich dem selbst entworfenen Feindbild der Restwelt doch angleichen kann. Verstand, Mut und Haltung sind einer Mischung aus strategischer Ahnungslosigkeit, Feigheit und Opportunismus gewichen. Und das gilt nicht nur für einen Gutteil der Regierung, sondern das Elend zieht sich quer durch die ganze Gesellschaft. Wetten auf Ausgang werden jederzeit angenommen.

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