Archiv des Autors: Gerhard Mersmann

Der Krieg bleibt, was er ist!

Dieser Krieg wird Renditen einfahren, wie wir sie noch nicht gesehen haben. Wer sie wird feiern können, steht bereits so gut wie fest. Es sind aber nicht die, die im Moment meinen, sie stünden auf der richtigen Seite. Dass mit Renditen lediglich monetäre Werte gemeint sind, ist etwas für Kurzsichtige. Ja, wer Aktien besitzt, zum Beispiel bei Rheinmetall, der wird das Ergebnis zählen können. Übrigens sind bei diesem Paket die meisten Eigentümer aus den USA. Die Waffengeschäfte sind allerdings nicht nur bei den Produzenten zu verbuchen, sondern auch bei denjenigen, die die Lieferungen zwar in Empfang nehmen, aber nicht an ihren Bestimmungsort senden, sondern woandershin verkaufen. Es ist ein ausnehmend lukratives Geschäft. Denn bezahlt ist die Ware. Verkauft wird sie dorthin, wo man noch einmal bezahlt. Und das sind Käufer aller möglicher Herkunft, aber nicht unbedingt eine direkt beteiligte Kriegspartei. 

Zumeist sind es Organisationen, die sich bereits rüsten für das Danach. Für den Zustand, wenn alles in Trümmern liegt, wenn keine staatliche Ordnung greift und das Recht des Stärkeren herrscht. Dann bricht die Zeit der Schattenherrschaft an. Dort liegen die Waffen, und der Rest einer aller Abzeichen entledigten Soldateska wird sich verzweifelt in diesen neuen Sold begeben. Dann ist alles, was mit Recht, mit einem staatlichen Gewaltmonopol und mit einem Empfinden für das Gemeinwesen verbindet, nichts als eine romantische Erinnerung. Das wird die große Stunde des organisierten Verbrechens sein. Und es wird bestens gerüstet sein, mit willigen, durch den Krieg verrohten Subjekten, die bis an die Zähne bewaffnet sind.

Und ja, diejenigen, die jetzt von feministischer Außenpolitik krakeelen, die kriegslüsternerer und martialischer nicht sein könnte, sie werden betrachten können, was aus dem Prozess der Zivilisation der letzten siebzig Jahre geworden ist. Alles, was mit der Emanzipation der Frau zu tun hatte, wird in dieser verrohten Nachkriegsgesellschaft Vergangenheit sein. Das Soldatisch-Patriarchalische wird die Herrschaft übernehmen. Was das heißen wird? 

Es werden Hierarchien etabliert werden, die nicht nur von Männern dominiert, sondern auch mit brachialer Gewalt durchgesetzt werden. Achtsamkeit und Augenhöhe werden Schimpfwörter sein und alles, was als eine verfeinerte Lebensform von vielen so sehr geschätzt wurde, wird als Zeichen von Dekadenz und Verweichlichung angeklagt werden. Wer den Krieg mit seinem Morden und seinen existenziellen Dauerkrisen hinter sich gebracht hat, der will sich alles auf einmal zurückholen. Da wird nicht mehr geworben werden, da wird sich geholt, wonach einem ist. Nicht nur bei materiellen Gütern der Ausschweifung, sondern auch bei Frauen. Egal wo. Kinder des Krieges sind Kinder des Krieges.

Das, was sich jetzt noch so gut anhört wie der gerechte Kampf um die liberale Demokratie, die dort auf keiner Seite je geherrscht hat, ist der Kampf von Oligarchen. Hier wie dort. Alles andere ist die pure Illusion. Es ist nur zu empfehlen, vom Ende her zu denken. Jeden Tag, den dieser Krieg länger dauert, macht die hier gemachte Prognose wahrscheinlicher. Die Propagandisten für eine Fortführung des Krieges sind verkommendes Pack, das sich andere Renditen verspricht. Aber der Krieg, der bleibt, was er ist.

„Im allgemeinen kann man sagen, dass uns gemeinen Leuten Sieg und Niederlag teuer zu stehen kommen.“ 

Die hart gesottene Mutter Courage war da um einiges weiser als der Zeitgeist.

Fundstück: Journalismus wie in Zeiten des Bürgerkönigs — Neue Debatte

Honoré de Balzac war es, der in seinem Roman „Verlorene Illusionen“, der im Paris des 19. Jahrhunderts entstand und spielte, in seiner atemberaubenden Art sehr detailliert beschrieb, wie der Beruf des Journalisten entstand. 13 weitere Wörter

Fundstück: Journalismus wie in Zeiten des Bürgerkönigs — Neue Debatte

Granaten aus dem Friedensfond

Anscheinend ist noch nicht genug verdient worden am Krieg. Anders kann die Renitenz, mit der sich das westliche Kriegskonsortium gegen jede Art der Vermittlung stellt, nicht erklärt werden. Dass die Maximalforderung einer Seite nicht das Entrée für Verhandlungen sein kann, weiß jeder kleine Kaufmann. Ob das die Chargen, die momentan die Verantwortung tragen, wissen, sei dahin gestellt, vieles spricht dafür, dass sie es nicht tun. Entscheidend ist jedoch, dass sie es nicht wollen. Sie können Kriege provozieren, denn das haben sie nachweislich getan, sie können Kriege befeuern, das tun sie täglich, Kriege gewinnen, das können sie nicht, und Kriege beenden, das können und wollen sie ebensowenig. Wer also auf ein Ende mit Schrecken setzt, der ist auf jeden Fall bei ihnen gut aufgehoben. 

Man muss sich die Situation vor Augen führen. Die Überlebensperspektive derer, die momentan zur Frontlinie geschickt werden, beträgt maximal 12 Stunden. Auf beiden Seiten. Wer da von Endsieg faselt, ist entweder eine mit Koks zugedröhnte Edelkomparse oder eine von allen zivilisatorischen Zweifeln gesäuberte Figur, der ein pädagogisches Sonderprogramm besser zu Gesicht stünde als ein politisches Amt. Sie können über „die andere Seite“ und ihre Grausamkeiten soviel erzählen, wie sie wollen. So, wie sie auftreten, so, wie sie argumentieren und so, wie sie sich in Szene setzen, lasen sie nichts besseres erwarten. Diese sinnentleerten, exklusiv auf Destruktion gerichteten Quasselstrippen, denen täglich ein großes Forum in einer längst untergegangenen Welt geboten wird, sie werden es nicht richten. 

Kürzlich hörte ich den Satz, dass das politische Trauerspiel, das hier in unserer eigenen Welt geboten würde, nur ein Test sei, um zu sehen, ob es ihn noch gibt: Odins Hammer. Das schien mir doch etwas verwegen. Was der Mensch mit dieser Formulierung meinte, war allerdings der Aufstand. So, wie wir konditioniert sind, könnte gleich der Verdacht aufkommen, es handele sich um jemanden, der einer verdächtigen politischen Gesinnung verpflichtet fühlt. Aber, seien wir ehrlich, sind die in einem nicht mehr verträglichen Kauderwelsch verfassten Reden über die Freiheit von Waffenlieferanten, Kriegstreibern, Kolonialisten und Imperialisten besser? In welchen Strudel sind wir geraten, dass dieser Wahnsinn, nicht das Feuer oder, wie erwähnt, den Hammer erntet, den er verdient?

Am Tag, als der chinesische Präsident nach Moskau fuhr, um über ein mögliches Ende des Krieges zu sprechen, beschloss die EU eine Lieferung von einer Millionen Granaten an die Ukraine. Finanziert wird diese aus dem europäischen Friedensfond. Allein diese Tatsache verkörpert die ganze Perversion dieser Vereinigung. Wer das Schicksal der EU exklusiv an die militärische Ausrichtung der NATO unter der Diktion der USA bindet, hat das Projekt bereits aufgegeben. Wenn man genau hinschaut, sieht man, dass dort bereits die Insolvenzverwalter am Werk sind, die dabei sind, die restlichen Happen auszubeinen und wohl dekoriert über den Atlantik zu schicken. Die Meldung über das Projekt VW in South Carolina könnte beredter nicht sein.

Bleibt zu hoffen, dass das Gewicht auf diesem Planeten sich zumindest in der Kriegsfrage bereits soweit verschoben hat, dass eine glaubhafte Perspektive auf einen Waffenstillstand und Frieden entsteht. So, wie es aussieht, haben sowohl die Ukraine, die in der Form vor dem Krieg bereits Geschichte ist, als auch die Staaten der EU das Verliererlos gezogen. Weitermachen? Nein!