Jetzt werden alle sagen, sie hätten es gewusst. Mit Donald Trump käme das Chaos und mit dem Chaos die Gefahr. Die Bemerkung ist zwar richtig, aber sie ist dennoch falsch. Es ist mehr als unwahrscheinlich, dass eine Präsidentin Clinton Nordkorea bei Fortsetzung der Raketenversuche nicht mit einer Intervention gedroht hätte. Und es mehr als unwahrscheinlich, dass eine Präsidentin Clinton nicht einem der Hauptlieferanten des so lebenswichtigen Öls, Venezuela, gedroht hätte, wenn seine politische Entwicklung diese Aufgabe in Frage stellen könnte. Und es ist mehr als unwahrscheinlich, dass eine Präsidentin Clinton es hätte verhindern können, dass der rechtsradikale Mob in Charlottesville in voller Montur erscheint, wenn die Statue eines General Lee, der im amerikanischen Bürgerkrieg für die Verteidigung der Sklaverei stand, auf Beschluss des Gemeinderats aus Stadtpark entfernt wird.
Vieles spricht dafür, dass die Mühe erforderlich ist, die gegenwärtige Befindlichkeit des Imperiums als Ganzes zu betrachten als sich an der primitiven Reduzierung auf die Figur Donald Trumps zu beteiligen. Was in diesem Kontext an Plattitüden verbreitet wird, ist ein Ausweis hoher Unterschätzung politischer Komplexität, um es einmal ganz vorsichtig auszudrücken. Die immer wieder karikierte Person des US-Präsidenten bedient alle Impulse, die zur Klamotte erforderlich sind. Und gerade darin besteht die Gefahr. Das Imperium bringt gegenwärtig alles mit, um unterschätzt zu werden. Eine sehr gute Voraussetzung, um richtig loszuschlagen und die eigene Position strategisch zu stärken.
Dass die Hörner, die in der Regel zum Krieg blasen, auch hier in den Werkstätten des großen Aggressors gestimmt wurden, macht die Sache nicht leichter. Nordkorea, ein Land, das keine spontanen Impulse der Sympathie ausstrahlt, hat jedoch seit dem Bürgerkrieg und der Teilung des Landes im Jahr 1951 und von einigen kleinen Grenzzwischenfällen einmal abgesehen, kein einziges Land der Erde angegriffen oder bedroht. Bei den USA werden von Experten, die sich mit derartigen Statistiken befassen, Ziffern zwischen 45 und 50 von den USA ausgehenden massiven Kriegshandlungen genannt. Nordkoreas Friedensangebot, welches es nicht einmal in die Nachrichten schafft, offeriert, sofort die Raketenprogramme einstellen zu wollen, sollten keine militärischen Manöver mehr zwischen den USA und Südkorea unternommen werden und die Zeichnung eines Friedensvertrags. Die Reaktion der USA, man könne Nordkorea nicht trauen, kommt in dieser Hinsicht von den Richtigen.
Es geht um die US-Strategie, im pazifischen Raum keinen Jota vor China zurückzuweichen, weil die nächste Schlacht um die Weltvorherrschaft mit dem Reich der Mitte geschlagen werden wird. Darum geht es. Aber so kann es kommen, bei einer allzu schlichten Reduzierung der Geschichte auf Personen, dann geht der Irre aus Pjöngjang auf den Irren aus Washington los. Da kann schnell der Gedanke kommen, doch froh sein, dass in Berlin nur Schlafmützen sitzen, sonst wäre man noch beteiligt.
Dass die Wahl Donald Tumps ein neues Zeitalter im Imperium markieren würde, ist das Einzige, was unzweifelhaft über allen Sichtweisen steht. Seine Rolle ist die, den de-personalisierten und de-nationalisierten Charakter des globalen Finanzkapitalismus auszublenden und Amerika, das von den Untaten dieser Couponschneider genauso geschreddert wurde und wird wie andere Teile dieser Welt, dass Amerika diesem Finanzkapitalismus wie in den guten alten Zeiten wieder ein amerikanisches Gesicht verleiht, das auch noch in der Lage ist, dem Publikum etwas von Werten und von Gut und Böse zu erzählen. Selbstverständlich wird dieser Versuch scheitern – unter Umständen nicht bei ARD und ZDF. In Charlottesville zeigt sich, was noch alles zu erwarten ist, an inneren Verwerfungen allein. Und nicht nur dort. Aber wie immer, bei Uncle Sam fängt meistens alles an.
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