Staatliche Institutionen und Behörden sind ein zuverlässiges Maß für die Befindlichkeit einer Gesellschaft. Je mehr Bürgerinnen und Bürger Zugang zu diesen Institutionen haben und je mehr Dienstleistungen sie an diese erbringen, desto größer, so sollte man glauben, das Vertrauen in den die Regie führenden Staat. Das Gegenteil ist oft der Fall und das Problem, dass sich bei der Beurteilung jedoch zumeist stellt, ist die mangelnde Vergleichsmöglichkeit.
So ist das Verhältnis der Deutschen zu ihren Behörden immer schon kritisch gewesen. Verglichen jedoch mit anderen Staaten, erzeugt das Leistungsniveau einen hohen Attraktivitätsstatus. Viele Immigranten, vor allem aus anderen europäischen Ländern, nennen gerade die Behörden und Institutionen als einen Grund für ihre Entscheidung. Und Immigranten aus den Schwellenländern schwärmen regelrecht über die Gleichbehandlung durch diese Behörden und vor dem Gesetz, etwas, das hierzulande immer mehr kritisiert wird, für Ankömmlinge aus Gesellschaften mit verbreiteter Korruption jedoch ein nahezu paradiesischer Zustand ist.
Eurozentrismus und Bauchnabelfokussierung sind in Zeiten der Globalisierung eher ein Hinweis auf Provinzialität. Andererseits ist es normal, wenn die Leistung staatlicher Behörden verglichen wird mit früheren Phasen. Da ist tatsächlich ein Wandel festzustellen, der so beschrieben werden kann, dass diejenigen, die bei dem rasanten Innovationstempo á jour sind, eine noch bessere Servicequalität erhalten, während die langsameren Zeitgenossen immer mehr abgehängt werden. Das ist eine Tendenz, über die nachgedacht werden muss, weil sie aus unterschiedlichen Bildungschancen und einer immer signifikanter werdenden Schere zwischen Armen und Reichen resultiert. Sie ist auch Folge der Globalisierung und hat Auswirkungen auf die Demokratie.
Es existiert allerdings ein noch weiter gehendes Phänomen in Deutschland, das als generelles Behördenmisstrauen bezeichnet werden muss und das jenseits der tatsächlichen Behördenleistung von bestimmten politischen Kreisen bedient wird. Dieses Misstrauen resultiert nicht aus der berechtigten Kritik an bestimmten Zuständen, die zur Demokratie gehört, sondern sie resultiert aus einem uralten anti-demokratischen Reflex. Es handelt sich dabei um eine kleinbürgerliche, engstirnige und immer mit Arroganz vorgetragene Kritik, die nicht die Verbesserung der Leistung zum Ziel hat, sondern die Erzeugung eines generellen Misstrauens gegenüber dem Staat und seinen Institutionen.
Die Kritik an der Bürokratie bezieht sich nämlich nicht auf die Prozesse und Leistungen, sie bezieht sich nicht auf die gesetzlichen Grundlagen und die ihr zugrunde liegenden Entscheidungsprozesse, sondern sie sucht den Aufwand für diese Leistungen und die Qualität derselben zu skandalisieren. Die Rolle des Staates als Garant für die Teilhabe vieler Bürgerinnen und Bürger an Leistungen, deren Produktion nach Marktgesetzen nur noch ein Privileg weniger wäre, ist mit das höchste Gut, was dieser selbst produziert. An diesem Punkt anzusetzen, zeugt von einer Strategie, diese Rolle zu skandalisieren und das freie Spiel der Kräfte und das Monopol von Eliten im Kopf zu haben. Da schließt sich der Kreis und da entlarven sich die angeblichen Rebellen gegen den Staat.
Was sich manchmal ausnimmt wie ein spontaner anarchistischer Reflex ist häufig das Kalkül der massenhaften Entrechtung. Sehen Sie sich die Protagonisten, die die staatlichen Institutionen kritisieren, genau an. Aus welcher Klasse stammen sie und welche Interessen verfolgen sie wirklich? Staatliches Handeln wirkt immer ambivalent. Die Kritik daran allerdings auch. Nicht selten sind die heftigsten Kritiker die Nutznießer immenser Subventionen.
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