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Altes in besonders gelungener Form

The Robert Cray Band. In My Soul

Mit Nothin But Love meldete er sich nach langen Jahren der relativen Stille im Jahr 2012 zurück. Das Album war eine Referenz an die Wurzeln und eine Hommage an den Süden. Dort scheint Robert Cray nun wirklich angekommen zu sein. Der Mann aus Georgia, 2011 in die Hall of Fame des Blues aufgenommen, hat zur Sprache zurück gefunden und intoniert den Blues nicht wie in alten Zeiten, sondern er hat ihn angereichert mit den Silben des Soul, der Stimme des alten amerikanischen Südens schlechthin. In My Soul heißt das neue Album daher wohl nicht umsonst. Nach Nothin But Love eine zweite CD in kurzer Zeit. Und, um es gleich zu sagen, beide haben hohe Qualität und bilden keine Redundanz, wenn man sie besitzt.

You Move Me, der erste Song, kommt nah an das heran, was an Robert Crays Schaffenszeit in den achtziger und neunziger Jahren erinnert, eine melodiöse Form des Blues mit Gitarrenriffs, die bei jedem anderen markige Zäsuren wären, während sie bei Cray irgendwie sanft und hübsch anzuhören sind. Nobody´s Fault But Mine, der nachfolgende Titel, ist eingespielt mit einem Bläsersatz, der in nostalgischen Intonationsmustern an die gute alte Zeit auf dem Chitlin´ Circus erinnern, als die Bands noch mit warmem Bier und Soulfood bezahlt wurden. I Guess I´ll Never Know ist dann Soul pur, textlich wie musikalisch, eine Liebeserklärung an die Ungewissheit, eine Hommage an die melancholische Lebensweise, ein Flirren in den Mangrovenwäldern. What Would You Say erinnert mehr an Otis Redding als an die Jetzt-Zeit, wer Authentizität liebt und nicht alles dem Preis des Neuen zu opfern bereit ist, der wird dieses Stück lieben. Und der Titel Hip Tight Onions ist ebenso wenig ein Zufall, erinnert er doch an die schwerelose Profanität eines Booker T.. You´re Everything hingegen ist der von einer schwirrenden Gitarre getragene Blues, wie er nur im Süden zu hören ist. Und auch Deep in My Soul ist eher Retro, eine Reminiszenz an die Musik, die Cray wohl hörte, als er nach Norden aufbrach, um mit seiner Gitarre die urbanen Zentren zu erobern.

Robert Cray hat mit In My Soul ein Album aufgenommen, das in noch stärkerem Maße als Nothin But Love auf die Rückkehr zu den Wurzeln verweist. In My Soul ist eine Rückschau auf die Elemente des Blues und Soul, die Cray selbst mitnahm auf seine Reise in den Norden und die im Süden die Zeit überdauert haben. Lebensweise wie Seele kommen in diesen insgesamt 11 Songs zum Ausdruck und Robert Cray verleiht ihnen durch seine Stimme, die tropisch weich daher kommt, einen nahezu heimatlichen Ton. Dazu kommt seine nie herausgestellte Virtuosität auf der Gitarre, die elektrisch flirrt, Gewitter ahnen lässt, aber immer ohne Verzerrungen die Melodie zum Vorschein bringt. Das hört sich alles ganz leicht und spielerisch an, ist aber ohne Können, Seele und Empathie nicht machbar. In My Soul ist nichts Neues, aber Altes in besonders gelungener Form. Und was gut klingt und die Seele anspricht, das musst du nicht ändern. Es sei denn, du hast den Sinn des Lebens nicht verstanden.

Wiedersehen im alten Süden

Robert Cray Band. Nothin But Love

Der 1953 in Columbus, Georgia, geborene Robert Cray gehört zu einer Generation von US-amerikanischen Blues-Gitarristen, die große Zeichen gesetzt hat. Der berühmteste Weiße seiner Alterskohorte war der tragisch durch einen Hubschrauberabsturz umgekommene Stevie Ray Vaughan. Auffallend bei dieser Generation außergewöhnlicher Blues-Gitarristen ist ihre Herkunft aus dem Süden. Als hätte sich der Electric Blues, der von Musikern aus dem Süden vor allem in Chicago, dann aber auch in Detroit und New York das Leben eingehaucht worden war, dort, wo seine Schöpfer eigentlich herkamen, neue Inspiration geholt, sich auf den Weg zurück zu seinen Wurzeln gemacht. Robert Cray war bereits in den achtziger Jahren als junger Mann überaus erfolgreich und sammelte Grammys ein. Doch dann wurde es relativ still um ihn, obwohl er weiterhin ein gefragter Musiker war, auf John Lee Hookers Come-Back-Album Mr. Lucky eine prominente Rolle spielte und in die Hall of Fame des Blues aufgenommen wurde.

Nun, kurz vor seinem sechzigsten Geburtstag, erscheint ein lange erwartetes Album mit dem Titel Nothin But Love. Um es gleich zu sagen: Das Warten hat sich gelohnt! Robert Cray ist etwas gelungen, was als eine großartige Entwicklung bezeichnet werden muss: Er ist seinen Wurzeln treu geblieben, hat das bewahrt, was ihn bereits vor Jahrzehnten auszeichnete und dennoch eine Modernisierung vollzogen. Denn bei ihm, dem Mann aus Georgia, waren schon immer starke musikalische Bindungen an den Soul erkennbar. Das Blues-Feeling ist so authentisch, dass es nicht mehr gesteigert werden kann, er bleibt bei seinen feinen, spärlich phrasierten, aber gefühlvoll akzentuierten Riffs und sein Gesang ist Soulfood pur, Sehnsucht mit hoher Luftfeuchtigkeit. Die Robert Cray Band mit Jim Pugh (piano and hammond organ), Richard Cousins (bass guitar) und Tony Braunagel (drums) unterlegt die Fusion von Blues und Soul kongenial mit Klangtemperaturen, die nach oben zeigen und die Hektik nehmen, ohne an Groove zu verlieren.

Bei insgesamt 11 Stücken, von denen Blues Get Off My Shoulder (1986) und You Belong To Me (1952) eher Kontrapunkte sind, die traditionelle Bezüge aufzeigen, handelt es sich komplett um Neukompositionen, die alle vertraut vorkommen, ohne langweilig zu sein. Ob Won´t Be Coming Home, I´ll Always Remember You, I´m Done Cryin´, Great Big Old House oder Sadder Days, die eingespielten Stücke sind gelungene Beispiele für den Transfer des Electric Blues aus dem Norden in die alte Heimat, die Aggressivität des Industrialismus geht verloren zugunsten einer sanften Melancholie, die die Entwicklung nicht ausblendet, sondern der die Fusion mit dem Soul gelingt. Robert Cray bedient nicht den Blues, wie er als Klischee in allzu vielen Köpfen existiert, sondern er verweist auf eine Entwicklung, die er in den Jahren seines Höhenflugs selbst kaum wahrgenommen und vernommen hatte. So entsteht die Perspektive des alten Südens, der rasante Schritte in die Moderne gemacht hat. Nothin But Love ist eine gelungene Fusion von Soul und Blues, unspektakulär, aber gehaltvoll, gefühlvoll, aber nicht schwülstig, technisch brillant, ohne aufdringlich zu sein. Ein Meilenstein, der zunächst gar nicht so wirkt, eine verschlüsselte Botschaft, deren Dimension erst im Nachklang bewusst wird.